Hesse'sche Normalenform
Inhaltsverzeichnis
Vorwissen
Vektoren, Skalarprodukt, M:Geraden im Raum, Ebenen im Raum, Normalenvektor Schnittpunkt Gerade-Ebene, Abstand Punkt-Ebene
Problem
Wir haben eine Ebene im Raum und einen Punkt , welcher nicht in der Ebene liegt. Um den Abstand zu berechnen müssen wir folgende Schritte durchführen bzw. berechnen:
- Bestimme den Normalenvektor von
- Berechne Gerade durch Punkt mit Richtungsvektor
- Berechne den Schnittpunkt zwischen der Geraden und der Ebene
- Berechne den Abstand zwischen den Punkten und , welcher gleichzeitig auch der Abstand vom Punkt zur Ebene angibt.
(s. auch Abstand Punkt-Ebene)
Es kann recht aufwändig sein, manuell den Schnittpunkt zwischen und zu berechnen. Wir suchen deshalb eine schnellere Methode, den Abstand zu berechnen.
Voraussetzung
Wir gehen davon aus, dass wir die Ebene in Koordinatenform
bereits angegeben haben, d.h. wir den Normalenvektor direkt ablesen können. (Ansonsten können wir diesen auch durch Umrechnungen z.B. aus der Parameterform berechnen, s. Ebenen im Raum)
Für die Ebenengleichung spielt die Länge des Normalenvektors keine Rolle, wir können deshalb für die weiteren Rechnungen annehmen, dass dieser die Länge 1 hat. wir bezeichnen einen solchen Vektor auch als Einheitsvektor, oder in diesem speziellen Fall auch Normaleneinheitsvektor .
Die Hesse'sche Normalenform
Eine Ebenengleichung in Normalenform bei welcher der Normalenvektor ein Einheitsvektor ist nennt man Hesse'sche Normalenform (kurz HNF), benannt nach Ludwig Otto Hesse:
Diese gilt (wie bei der Normalenform) für alle Punkte (mit dem Ortsvektor ) die in der Ebene liegen.
Diese Form bringt uns aber einen weiteren Vorteil: wir können damit den Abstand eines Punktes zu der Ebene bestimmen.
Bestimmung Abstand Punkt-Ebene mit der HNF
Für die nachfolgende Rechnung gilt:
- : Ebene mit HNF
- : Stützpunkt der Ebene mit Ortsvektor
- : Punkt außehalb der Ebene mit Ortsvektor
- : Normaleneinheitsvektor der Ebene
- : Abstand zwischen Punkt und Ebene
Behauptung
Für den Abstand gilt
Beweis
Für den Beweis können die einzelnen Schritte in GeoGebra grafisch nachverfolgt werden indem im oberen Bereich der Schieberegler eingestellt wird.
Schritt 1:
Wir beginnen zunächst mit dem Term
und formen diesen zuerst um, denn wir können durch den Vektor ersetzen und wir erhalten daraus:
Schritt 2:
Für die weitere Betrachtung benötigen wir zusätzlich den Normaleneinheitsvektor
Schritt 3: Zerlegung von
Nach der Vektoraddition erhalten wir bei der Addition zweier Vektoren wieder einen Vektor. Umgekehrt können wir einen Vektor auch in mehrere Vektoren zerlegen.
Wir zerlegen den Vektor in zwei Teile:
- : Ein Teil senkrecht zum Normalenvektor
- : Ein Teil parallel zum Normalenvektor
Für die Zeichnung brauchen wir hierfür noch den Punkt . Wo dieser Punkt genau liegt benötigen wir für die weitere Rechnung nicht! Da wir aber wissen, dass wie der Normalenvektor ebenfalls senkrecht zur Ebene steht, schließen wir daraus direkt, dass gilt.
Mit dieser Zerlegung können wir den oberen Term weiter umschreiben:
Mithilfe des Distributivgesetzes, welches auch für das Skalarprodukt gilt, bekommen wir
Weiter gilt für das Skalarprodukt, dass dieses für rechtwinklige Vektoren gerade 0 ergibt. Da wir den Vektor gerade so gewählt haben, dass dieser orthogonal zum Normalenvektor ist, ergibt das Skalarprodukt . Das vereinfacht unseren Term weiter:
Schritt 4:
Der Vektor ist parallel zum Normalenvektor . Alle parallelen Vektoren können wir schreiben als Produkt eines einzigen Vektores mit einem Streckungsfaktor.
Da wir einen Normaleneinheitsvektor der Länge 1 betrachten müssen wir diesen lediglich mit der Länge des Vektors multiplizieren um eben diesen zu erhalten. Daher gilt eben:
Achtung: Die Vektoren und können auch antiparallel sein! Das bedeutet, es könnte auch gelten. Dies ist der Grund, warum wir stets den Betrag nehmen müssen.
Diesen Zusammenhang können wir nun in den Term einsetzen und erhalten:
Für gilt, wie für jeden Vektor: . Da aber die Länge des Vektors gerade 1 ist, ist auch . Deshalb vereinfacht sich der Term zu
Aus Schritt 3 wissen wir, dass dieser Wert gerade dem Abstand entspricht. Hätten wir keinen Einheitsvektor, sondern einen Normalenvektor beliebiger Länge, so müssten wir das Ergebnis an dieser Stelle nochmals durch das Quadrat der Länge teilen (da )
Abschluss
Wir haben den Term in mehreren Schritten so umgeformt, dass wir als Ergebnis den Abstand bekommen haben. Wir können deshalb schreiben und sehen die Behauptung:
Beispiel
Es ist die Ebene und der Punkt gegeben. Wie groß ist der Abstand zwischen Punkt und Ebene?
Um den Abstand mit der HNF zu berechnen müssen wir die Ebene zuerst in diese HNF umformen. Da die Ebene bereits in Normalenform angegeben ist müssen wir lediglich den Normalenvektor der Länge 1 berechnen. Diesen bekommen wir durch Normalisierung des Normalenvektors. Hierfür multiplizieren wir diesen mit dem Kehrwert seiner Länge:
Also ist die Hesse'sche Normalenform:
Den Abstand zum Punkt bekommen wir nun einfach, indem wir dessen Ortsvektor für einsetzen: